Gerade anlässlich der Veranstaltung zum 75. Jahrestag der Räumung des KZ Welzheim, die am 19. April stattfinden wird, ist die Umbenennung des Platzes ein nötiges klares Zeichen dafür, dass wir uns der Vergangenheit unserer eigenen Stadt stellen wollen und auch in der Zukunft bereit sind, eine Erinnerungsarbeit zu leisten, an der auch kommende Generationen partizipieren können. Eine Benennung wie „Platz der Erinnerung“ oder „Platz des 15. April“ macht keinen Sinn; nicht nur, weil es in Welzheim und Umgebung schon andere Opfer-Gedenkstätten gibt, sondern auch weil Hermann Schlotterbeck nicht nur Opfer, sondern eben auch ein Widerstandskämpfer gegen das Unrechtsregime der Nationalsozialisten war und somit auch ein Vorbild für uns heute darstellt. Ein Name, eine konkrete Person, deren Lebensweg man nachzeichnen kann ist hier auch für die heutige Jugend viel eher ein Vorbild als ein letztlich anonymer „Platz der Erinnerung“ oder gar ein „Platz des 15. April“ – ein Datum, das weitestgehend unbekannt und zudem nicht selbsterklärend ist, wie es z.B. der 9. November oder der 17. Juni ist. Und einer zusätzlichen Gedenk- und Dokumentationsstätte für alle Opfer des Nationalsozialismus in Welzheim z.B. an der neu zu konzipierenden Grünspange am Postweg steht ja weiterhin nichts im Wege.
Als Ort des Gedenkens an den Widerstand und Hermann Schlotterbeck eignet sich der westliche Bauknecht-Platz optimal, liegt er doch direkt an der ehemaligen KZ-Kommandantur – dem heutigen Notariat – und in räumlicher Nähe zu dem Platz an der Schillerstraße, an dem das damalige KZ lag. Eine kleine Grünfläche oder eine willkürliche Abteilung eines Teils des Platzes halten wir dabei nicht für sinnvoll, zumal die Bezeichnung „Gottlob-Bauknecht-Platz“ in der Welzheimer Bevölkerung kaum verwendet wird – man kennt den Platz als „Oberen Marktplatz“ oder eben den „Marktplatz“, der mit dem östlichen Teil des Gottlob-Bauknecht-Platzes vor der Volksbank auch keine bauliche Einheit bildet. Eine Schmälerung des Andenkens von Gottlob Bauknecht ist also nicht zu befürchten, zumal die Stadt auf dem Schulgelände ja auch über eine Gottlob-Bauknecht-Halle verfügt. Die Tatsache, dass nur drei Gebäude und ein Imbissstand direkte Anlieger der Platzes sind, hält die Folgen der Umstellung auch deutlich geringer als es z.B. bei der Rückbenennung der Schillerstraße der Fall gewesen wäre.
Die Argumentation, man könne ja keinen Kommunisten ehren, ist nicht nachzuvollziehen. Nicht nur, weil die Situation von damals nicht mit der heutigen zu vergleichen ist, sondern auch weil die Schlotterbeck-Gruppe nicht für das stalinistische System steht. Stuttgart hat damit offenbar auch kein Problem, denn dort gibt es die Schlotterbeckstraße in Untertürkheim, eine Gedenktafel vor dem ehemaligen Haus der Schlotterbecks in Luginsland und eine Gedenkstätte auf dem Friedhof in Untertürkheim. Es ist der mutige und aufrechte Widerstand bis in Folter und Tod und nicht der Kommunismus, der Hermann Schlotterbeck für uns bis heute zum Vorbild macht. Angesichts der aktuellen wachsenden Gefahr durch rechtsextreme Tendenzen auch im Rems-Murr-Kreis und der erst kürzlich enttarnten rechten Terrorgruppe, die im Nachbarort Alfdorf ihr Gründungstreffen hatte, ist die Zeit reif dafür, jetzt ein klares Zeichen zu setzen, zu handeln und das Thema nicht auf unbestimmte Zukunft zu verschieben – auch im Interesse der Nachkommen Hermann Schlotterbecks. Und schließlich würde es, nachdem auch die Presse in Stuttgart und den umgebenden Landkreisen schon von der geplanten Umbenennung des Platzes berichtet hat, dem Ansehen unserer Stadt schaden, wenn wir es – gerade in der heutigen Zeit – nicht fertigbrächten, klare Kante zu zeigen uns uns zu diesem Schritt zu entschließen. Dem Andenken an den Widerstand und den Mut Hermann Schlotterbecks würden wir damit nicht gerecht.
Kai Dorra im Namen der Piratenfraktion